Samstag, 2. Mai 2009

NOAH - oder Schutzräume in Weltuntergängen

Noah - Hinweise für Konfirmanden und Konfirmandinnen und nicht nur für
diese


Liebe Jungen und Mädchen, liebe Gemeinde,

wir zählen auch diese Predigt zu den Glutpredigten. Da es schon länger her ist, dass ich erklärt habe, was wir unter einer solchen Glutpredigt zu verstehen haben, jetzt noch einmal ein Versuch.

In der Bibel stehen ziemlich alte Geschichten. In der Bibel ist damit altes Traditionsgut der Menschheit gesammelt, das allerdings für alle Menschen eine nicht unerhebliche Wahrheit aufbewahrt. Diese Wahrheit können wir uns wie eine Glut vorstellen. Ein Gluthaufen schwelt vor sich hin, fast ausgelöscht, fast vergessen. Hin und wieder aber wird eine solche Glut auch wieder zum lodernden Feuer. Wenn die Menschen Feuer brauchen, erinnern sie sich: da war doch etwas! Davon habe ich doch schon einmal gehört!

Die Geschichte von Noah gehört zu diesen Gluterzählungen. Sie ist schon in Kindergärten beliebt. Viele Bilderbücher erzählen von Noah, der Arche und dem Regenbogen, und man kann alles das auch gut in eigene Bilder fassen. Millionenfach ist diese Geschichte so schon von Kindern gemalt worden und hat sich so in den Köpfen festgesetzt.

Diese Geschichte steht aber nicht nur in der Bibel. Ca 250 mal wird sie in unterschiedlichsten Versionen in allen möglichen Kulturen überliefert, verstreut über die ganze Erde.

Alle Menschen haben offensichtlich so etwas wie eine ganz tief sitzende Urangst, dass ihre Welt einmal untergehen könnte. Nicht nur der Einzelne ist bedroht, sondern die Menschheit als Gattung. Wir könnten auch sagen, dass es eine überall schwelende Angst gibt, dass die ganze Schöpfung rückgängig gemacht werden könnte.

Das verdrängt der Mensch natürlich gerne. Nur bei großen, zumeist von Menschen verursachten Krisen oder Katastrophen erinnert man sich. Wie kann es sein, dass alles sang- und klanglos einfach so untergehen soll oder den Bach hinuntergeht, wie wir sagen?

Das passiert nicht, weil die Menschen grundsätzlich d.h. von Grund auf böse sind. Das sind sie nämlich nicht. Das passiert auch nicht, weil die Menschen gar nicht anders können. Sie könnten anders. Aber es passiert, weil die Menschen unter bestimmten Bedingungen so bösartig werden, dass die Schöpfung nur noch geringe Chancen hat. Es passiert, wenn die Menschen verführt werden, oder sie sich verführen lassen. Dann treibt alles in den Untergang, wie in den furchtbaren Kriegen des vergangenen Jahrhunderts, und heute scheint es ähnlich, wenn man den Krieg gegen die Umwelt bedenkt.

Dann erinnert man sich und fragt: da war doch was? Wie war das mit Noah?

Noah hatte eine Arche gebaut. In der wurde er gerettet, er und seine ganze Großfamilie und von allen Tierarten ein Paar. So konnte die Schöpfung später noch einmal neu beginnen.
Was dann neu begann, war nicht besser als das, was vorher gewesen war. Die Menschen sind die gleichen, vor der Flut und nach der Flut. Aber Gott hat sich geändert. Gott ist gnädiger geworden. Es ist, als hätte Gott jetzt erst - nach dem Sündenfall - erkannt, dass auch er mit einer defekten Welt leben muss. Deshalb verspricht er mit dem Zeichen des Regenbogens, dass er, Gott, die Welt nicht mehr zerstören wird.

Die Menschen aber können sie freilich sehr wohl noch zerstören und erst in unserer Zeit haben sie mehr als je zuvor auch die Mittel dazu. Die Menschen können es, wenn sie nicht doch noch von dem einstmaligen Entschluss Gottes lernen und sich selbst besinnen.

Katastrophen gibt es ja nun wirklich genug. Es gibt also auch genug Material, an dem wir üben könnten, die Welt zu retten.
Gerade wenn man 13,14 oder 15 Jahre alt ist, scheint die Welt oft wie eine einzige Katastrophe. Man fühlt sich zuhause nicht mehr richtig wohl. Die Schule bringt es erst recht nicht. Man fühlt sich oft noch nicht einmal in sich selber, in der eigenen Haut wohl.
Alles ist eine einzige Katastrophe,- aber untergehen soll darin ja niemand. Jedenfalls will Gott das nach unserer Glutgeschichte nicht.

Was ist also eure Arche?
Gibt es so etwas wie einen Ort, eine Höhle, in die man sich zurückziehen kann wie in einen Kokon?

Vielleicht ist es euer eigenes Zimmer, in das niemand eintreten darf, es sei denn mit eurer Erlaubnis.
Vielleicht ist es ein guter Freund oder eine Freundin? Vielleicht auch eine ganze Clique, die jeden Blödsinn mitmacht.

Eine Arche braucht jeder Mensch. Eine solche ist eigentlich kein Rückzugsort, kein heiles Örtchen in einer unheilen Welt, sondern vielmehr ein Aufbewahrungskasten für eine neue Geburt. Das Kästchen, in dem Moses im Nil überlebt, wird mit demselben Wort bezeichnet wie die Arche Noahs.

Eigentlich sollte und wollte auch jede Kirche eine Art Arche, ein Widerstandsnest, sein. Deshalb nennt man sie ja auch manchmal „Kirchenschiff“. Leider haben das die meisten Menschen vergessen. Vielleicht brauchen sie sie noch einmal ganz dringend – wer weiß? Wer weiß, wofür Gott noch einmal gut sein muss?

In der Geschichte von Noah hören wir jedenfalls, dass Gott die Arche von außen verschlossen hat. Das hat er ganz fürsorglich getan. Ähnlich könnten wir es für uns verstehen: Gott selber birgt uns in unserer Arche. Welche auch immer es sein mag.

Es kommt dann allerdings auch die Zeit, in der man die Arche wieder verlassen muss. Noah hatte das große Glück, dass er im richtigen Moment den bunten Regenbogen als Hoffnungszeichen sah. Er begriff sofort, dass das nur ein Friedenszeichen sein konnte. Der Regenbogen sah – nach den damaligen Modellen eines Kriegsbogens – wie ein entspannter Bogen, ein abgelegter Bogen aus. Der Regenbogen sagte Noah, dass Gott den Kriegsbogen beiseite gelegt hat und ihn zum Friedenszeichen gemacht hat.

Also: Wenn man hinausgeht, nach einer Zeit des Rückzugs, nach einer Zeit der bewussten Untätigkeit, weil alles Tun die Situation nur schlimmer macht, wenn die Katastrophe also vorbei ist und man hinausgeht,- ist alles anders geworden. Die Welt ist eine andere und vor allem man selbst ist ein anderer. Man sieht alles mit neuen Augen, auch und gerade sich selbst. Es ist der Sinn einer jeden Arche, dass man in ihr zu sich kommt, dass man groß wird und erwachsen.

Noch einmal: Die Arche will nicht zu einem bequemen Nichtstun verleiten. Man muss alles tun, um Katastrophen zu verhindern. Aber manchmal stellen sie sich trotz aller Gegenaktivität ein. Dann braucht man seine Arche. Dinge, die einem Kraft geben, Schutzräume, die Überleben helfen.

Das Wichtigste aber ist, dass wir nach jeder persönlichen oder allgemeinen Katastrophe lernen, neu und anders weiter zu leben. Die alten Strategien haben ja nicht wirklich geholfen.

Gott will, dass die Menschen und dass die Welt lebe. Dazu stärkt er jede Friedensaktivität und jeden Schutzraum, wenn er denn nötig ist.

Das sagt uns die alte Glut der Noaherzählung – und so segnet uns Gott, wo immer wir die Arche entdecken.

AMEN

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