Dienstag, 20. Januar 2009

3. Glutpredigt - Exodus

Der Auszug aus Ägypten - Exodus 13f

Liebe Gemeinde,

unsere Glutpredigten entwickeln sich als Fortsetzungsgeschichte. Bis jetzt haben wir uns zweimal mit Moses und seinen Erfahrungen beschäftigt. Zuletzt ging es um die Gottesoffenbarung oder die Gottesbegegnung im brennenden Dornbusch. Wir haben dabei einiges über Gott erfahren, z.B. dass Gott äußerlich oder innerlich erfahren werden kann. Der Dornbusch kann v o r Moses stehen, er kann aber auch ein Bild für Moses selber werden.

Weiter: Gott zeigt sich, aber er verhüllt sich auch zugleich. Er nennt seinen Namen, indem er ihn verschweigt.
Wichtig allein ist, dass Gott ist, der er ist. Er behält sich vor zu sein, wie er jeweilig sein will. Gott ist m e h r als die Vielfalt des Lebens und nicht weniger. Er ist auf keinen Fall „an und für sich“ d.h. losgelöst, abgetrennt zu verstehen. Er ist i m Geschehen – und das ist vielfältig, wechselnd, variantenreich.

Das Wichtigste aber ist, dass Gott sich an Menschen und ihre Geschichte bindet. Er ist zwar nicht sosehr auf einen Ort festzulegen, aber eher schon in der Zeit zu finden, in einem bestimmten Moment oder Kairos.
Weil das so ist, erlebt Moses Gott auch nicht abstrakt sondern konkret. Gott schauen und einen Auftrag hören – das ist eines.

Damit sind wir bei einem neuen Thema.
Führe mein Volk in die Freiheit, sagt dieser Gott zu Moses.

Volk?! Das war ja gar kein Volk. Das war vielmehr eine kleine bunte Truppe, ein Clan, einige Sippen, eine Nomadenschar, die gewissermaßen von den Ägyptern eingefangen worden war, und die versklavt gehalten wurde, um Steine zu klopfen und Pyramiden zu bauen.
Dieses Völkchen plant keinen Aufstand und keine Revolte. Aber sie wollen weg. Nur weg aus dieser Sklaverei.

Moses war orts- u. wegekundig und er führt sie unter klimatisch günstigen Bedingungen durch den Sumpf, durch einen Meeresarm in die gegenüber liegende Sinaiwüste. Ihr Marsch glückt. Die nachsetzenden Ägypter kommen im Sturm und im Sumpf um.

Zufall, Glück nennen wir das vielleicht. GOTT hat das getan, sagen die Leute um Moses. Das ist ihre Interpretation.

Moses Schwester Miriam nimmt eine Trommel und singt ein Lied aus einem Satz nur bestehend, aus einer Formel. Sie wird zum Bekenntnis: Lasst uns dem Herrn singen, denn ER hat eine herrliche Tat getan. Ross und Mann hat er ins Meer gestürzt.

Diese Tat Gottes ist zum Grund- u. Urbekenntnis Israels geworden: Gott hat aus Ägypten befreit, aus der Knechtschaft, aus der Sklaverei und Menschenschinderei. So einer ist GOTT.

Dieser Moment war eine Schaltstelle der Welt- u. Menschheitsgeschichte, der ganzen Geistes- u. Religionsgeschichte. Warum?

Weil sich eine Perspektive ändert.

Bisher - und natürlich weitgehend auch danach – hatte man die ganze Weltgeschichte immer aus der Perspektive der Sieger und Mächtigen gesehen – eben aus der Perspektive der Ägypter. Von oben ordnete sich die Welt. Von oben kamen die Bestimmungen und Gesetze. Es galt, sich in diese Ordnung einzufügen.

Wie die Welt von unten her aussah, wie die Gedemütigten und Versklavten sie sahen, das interessierte niemanden. Das stand in keinem Geschichtsbuch. Das war so unbedeutend wie die Leute, die es erlebten. Es war marginalisiert, an den Rand gedrückt oder unterdrückt. Die Sichtweise von unten wurde mit den Betroffenen zugleich unterdrückt.

Aber nun war sie ans Licht getreten. Nun ließ sie sich nicht mehr auslöschen.

Da ist eine dynamische Kraft Gottes sichtbar geworden, die als unruhige, fast revolutionäre Kraft in den Menschen wirksam wurde. Die Propheten haben dann in diesem Geist gepredigt. Amos z.B. hat die Welt aus der Perspektive der Witwen und Waisen gesehen.. Hiob hat sein Leid als ein psychisch und physisch Gequälter zum Himmel geschrieen. Und schließlich hat Jesus die Welt und die Menschen aus der Perspektive des Kreuzes erlebt. Ostern ist dann nichts anderes als ein neuer Auszug aus Ägypten. Jetzt aber definitiv - selbst noch aus der Unterdrückung durch den Tod und das innere Leid.

Leider – oder natürlich – ist dieser Befreiungszug oft vergessen worden. Seit mindestens 1500 Jahren sind die Christen im sog. Abendland die herrschende Schicht. Die Christen sind zu Ägyptern geworden und haben oft die Perspektive von unten verleugnet und vergessen.

Aber wie eine Glut hat die Perspektive das Feuer auch immer wieder neu entzündet. Manchmal ist es sogar wieder zu einem Großfeuer geworden. Martin Luther King hat in derselben Perspektive die Farbigen Amerikas in die Freiheit und Gleichberechtigung geführt. Ein Weg , der heute mit B.Obama zum richtigen Ziel führt und so vielleicht endet. Die Befreiungstheologen in Südamerika haben den Landlosen gesagt: Ihr seid Gottes Volk. Unser Auszug aus Ägypten steht uns zwar noch bevor, aber er wird geschehen.

Schön und gut. Das sind große Beispiele. Aber was ist mit uns? Sind wir Ägypter oder sehnen wir uns nach Freiheit? Oder sind wir beides zugleich: mal so, mal so? Eine Antwort auf diese Frage fällt uns schwer.

Was versklavt uns denn?

Wirtschaftlich mag es den meisten ja noch ganz gut gehen. Trotzdem verschleiern wir viele Abhängigkeiten ja nur. Manchmal spüren wir sie an unseren unangenehmen Gefühlen. Ganz wohl ist uns nicht. Die Zeichen der Zeit malen uns Warnungen an die Wand. Es stimmt etwas nicht mit uns. Wir spüren es wohl und immer unangenehmer.

Vielleicht sind wir aber eher psychisch versklavt. Da hängen viele Stunde und Stunde vor dem Fernseher oder dem Computer. Obwohl man so unzufrieden ist, mag man es nicht ändern. Der Druck auf den Ausknopf wäre dann auch so etwas wie ein Exodus. Aber wer gibt uns das Zeichen zum Aufbruch? Wie brechen wir aus falschen Gewohnheiten auf?

Gott führt ins Freie. Seit Moses wissen wir das. Die Israeliten in Ägypten liefen wie in einer Tretmühle. Immer dasselbe: Steine klopfen und kein Ausweg.

Doch! Es gab ein Neues. Sie brechen auf, auch wenn ihnen niemand goldene Zeiten verspricht. Deshalb sehnen sie sich später auch so oft zurück. Schönfärberisch sagen sie oft, dass es in Ägypten doch so gut war. Hier, in der Wüste, sind auch nur Steine.

Es stimmt: Kein Aufbruch, der wirklich ins Freie führt, ist ein Zuckerschlecken. Das Land, in dem Milch und Honig fließen, ist immer fern. Ein Aufbruch ist immer Arbeit und ungewohnt. Aber er ist wenigstens ein Weg und keine Tretmühle, die nicht weiterführt. Er führt gerade hinaus, und am Ende winken doch Milch und Honig.

Auf dem Weg aber ist Gott zu finden. Gott geht mit! In den Tretmühlen ist Gott definitiv nicht oder nur sehr eingeschränkt. Gott ist auf dem Weg, auch wenn er steinig und steil ist.

Das wissen wir seit Moses. Es ist die Wahrheit. Wir vergessen sie nur oft und nehmen soviel hin. Wir nehmen Bindungen in Kauf, ohne glücklich zu sein.

Wenn wir aber aufbrechen, sollten wir wie Miriam die Pauke nehmen und singen wie Miriam.
GOTT ist dabei – in jeder Wolke am Himmel und in jedem Feuer oder in jedem Stern in der Nacht.

AMEN

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