Sonntag, 7. Juni 2009

David und Goliath - Machtkampf auf biblisch

David und Goliath - 1.Samuel 17 - eine Strategie


Liebe Gemeinde,

niemand kann in diesen Tagen an der aktuellen Situation vorbeigehen. Es beschäftigt alle, also auch uns. Es wird gewählt in Deutschland und in Europa.

Ich habe den Eindruck, dass die Atmosphäre sogar aufgemischter ist als in früheren Zeiten. Es gibt eine größere Diskussionsfreude und Diskussionsbreite. Wahrscheinlich, weil es vor allem um wirtschaftliche Belange, vulgo ums Geld geht. Da ist jeder betroffen und interessiert. Ganz gleich, ob es eine echte Sorge ist, wenn es um Renten, um soziale Sicherungssysteme oder um die Steuern geht, oder ob es die blanke Raffgier ist, wenn Subventionen verhandelt werden,- interessiert sind alle.

Aufgabe der Kirche und des Pastors ist es nun nicht, Wahlempfehlungen oder gar Parteiempfehlungen zu geben. Jede demokratische Partei – von der sozialistischen Linken bis zur konservativen Rechten – ist für Christen wählbar. Ausgenommen sind nur die Radikal – Rechten, die unsere Grundordnung und unsere Grundwerte in Frage stellen. Empfehlungen braucht in der Kirche niemand, aber es geht uns um Werte.

Das sind unsere Fragen:
Wie eigentlich wird Macht begründet? Was drückt sich in ihrer Gestalt, in ihrem Daherkommen aus? Welche Werte stehen im Hintergrund? Um was geht es wirklich? Was soll durch Menschen für die Menschen gestaltet werden?
Aus den Antworten auf solche Fragen können dann Schlüsse gezogen werden.

Was sagen wir also zu den Machtbegründungen und zu den Werten? Lasst uns die Antwort in der Bibel suchen.

In einem Gruppengespräch haben wir uns neulich mit zwei unterschiedlichen Machttypen beschäftigt. Sie sind allgemein bekannt, aber werden im Gottesdienst nicht häufig traktiert: David und Goliath.

Wir wissen, dass David der eigentliche Sieger ist. Sein Sieg hat Geschichte, Kultur und sogar Religion begründet. Aber wie ist Davids Macht begründet? Welche Glut steckt in seiner Art, in seiner Kraft?

Zur Situation:
Die Eindringlinge ins Land sind die Israeliten – wohlgemerkt. Es sind Bauern- u. Hirtenhaufen mit dem Bauernkönig Saul an der Spitze, die sich im Land festsetzen wollen. Dabei bekommen sie es nun mit schon längst sesshaften Kulturvölkern zu tun. Die Kultur und auch das Recht scheint auf deren Seite zu liegen. Sie sind die Bürger, die Philister. Sie besitzen Kultur, auch Kriegskultur. Nicht alle sollen gegen alle kämpfen und sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Einer allein soll es tun, stellvertretend für alle. Goliath ist der starke Mann.

Goliath ist ein lebender Panzer. Er ist der Prototyp eines aufgeblasenen und eingebildeten Kulturmenschen. Er beeindruckt mit Drohgebärden. Er schüchtert ein und fordert durch Beschimpfungen heraus. Er verlangt Ebenbürtigkeit: Mann gegen Mann, Schwert gegen Schwert. Alles auf gleicher Augenhöhe, dann wird man weitersehen. Die israelitischen Haufen bekommen Angst. So ist es beabsichtigt.

Nur einer lässt sich nicht beeindrucken: David.
Ist er ein Luftikus, der vor lauter jugendlichem Überschwang die Realität nicht richtig einschätzt? Oder steckt mehr – aber anderes – in ihm? Er scheint ein Naturbursche zu sein. Auf jeden Fall ist er ein Naturtalent. Unwillkürlich tritt die Davidfigur des Michelangelo vor unser inneres Auge.
In der eisernen Kultur-Rüstung kann dieser David sich nicht bewegen. Er kann so nicht gehen. Er zieht sie also wieder aus. Löwen und Bären hat er mit der bloßen Hand bezwungen. Am Erfolg ist er durchaus interessiert. Die Belohnung will er schon.

Die Bibel zögert nicht, David klein zu machen. So klein, wie nötig. Das scheint geradezu ihre Strategie zu sein. Als Samuel einen Nachfolger für Saul sucht, muss David erst vom Feld geholt werden. Er ist der Jüngste in der Familie. Jetzt bringt er nur fünf Steine aus dem Bach mit. Der ältere Bruder schickt ihn weg. Du willst nur gucken, was die Erwachsenen machen, sagt er. Nur König Saul hat ein richtiges Gespür. Ihm bleibt auch keine andere Wahl.

Worin besteht Davids Kraft?
Ist es seine jugendliche Unbekümmertheit, sein Wagemut, vielleicht sogar sein Übermut? Ist er womöglich eine Spielernatur?
Durch alles dieses allein hätte er nicht gewonnen. Sein Sieg wäre dann Zufall oder Glück gewesen. Er hätte auf tönernen Füßen gestanden. So begründet man keine Dynastie. Davids Kraft muss aus anderen Quellen kommen.

Auf dem Bild in der kleinen Hosentaschenbibel steht David im Licht. Was ist das für ein Licht? Was gibt ihm Licht und Kraft? Woher nimmt er das?

Es wird seine Bodenhaftung sein, die ihm hilft. David ist mit der Erde verbunden, geradezu eingewickelt in Erde. Er ist Schäfer und Hirte. Als Goliath ihn mit seinem Hirtenstock sieht, ruft der gepanzerte Krieger: Bin ich ein Hund?! So, wie du auftritts, bist du mir nicht ebenbürtig. Du bist nicht satisfaktionsfähig. Du eignest dich nicht zum Duell.
Aber genau das will David auch nicht. Es geht ihm eben nicht um Augenhöhe. Er kommt nun mal von unten, vom Boden weg.

David hat nichts als sich selber. Aber er kann mit sich umgehen. Wenn es sein muss, packt er Löwen und Bären mit den bloßen Händen.
Weil das so ist, ist Gott mit ihm. Gott potenziert Davids Kraft. Gott kommt nicht von außen – etwa als ein Schild - zu David hinzu, sondern er ist i n David, denn dieser ist „vom Acker“, aus Erde, ein neuer Adam.

Wir wissen bereits, wie die Geschichte ausgeht. David wird siegen, und er wird ein großer König Israels. Er wird auch die Kultur fördern, wobei es allerdings nicht so sehr um die Kriegstechnik geht. David ist ein Sänger, Tänzer, Musiker, Leierspieler. Er dichtet Psalmen und andere Gesänge, Hohelieder. So begründet er seinen Ruf – und seine Macht. Später wird er dann diese Macht allerdings auch wieder missbrauchen. Macht korrumpiert leider auch ihn. Aber David lässt sich auch brechen, auf ein menschliches Maß brechen. Er vergisst nicht, dass er letztlich vom Acker stammt. Er bleibt immer nah an den Problemen der Menschen. So ist er ein großer König.

Noch einmal wieder ins Aktuelle.
Haben wir unter unseren gegenwärtigen Politikern dem David ähnliche Charaktere? Die Frage stellen heißt sie verneinen. Unsere Politiker und Politikerinnen gleichen eher den aufgeblasenen Goliaths, die immer schon vorher wissen, wie die Schlacht auszugehen hat. In der Regel wissen sie schon vor der Wahl, was diese bringt.
Man möchte unsere politische Spezies nur zu gerne auf den Boden ziehen und ihnen vorschlagen, doch einmal nur einen Monat lang von der Sozialhilfe zu leben. Werdet zuerst Menschen, bevor ihr Menschen regieren wollt! Vielleicht würden die Gesetze dann andere werden. Vielleicht ginge es dann gar nicht mehr um das große Geld oder herausragende Wirtschaftserfolge. Vielleicht ginge es dann eher um Moral, die man dem Geld sehr wohl vorschreiben muss. Aus sich hat es die nicht. Vielleicht geht es dann wirklich um Arbeitsplätze und nicht nur um günstige Konditionen für mögliche Arbeitsplätze.

Für all das haben wir Christen einzutreten. Die Menschen dürfen nicht außen vor bleiben. Sie sind und bleiben die Mitte.
Wir wollen von Menschen regiert werden, die wissen, wie man Löwen und Bären bändigt – mit den eigenen Händen. Das heißt ja durch eigene Arbeit, durch Kontakt mit den Betroffenen und nicht vom fernen Schreibtisch aus. Wir brauchen Davids und nicht aufgeblasene Goliaths, die nur durch imposante Gesten, durch Bissigkeiten und Intrigen zu imponieren versuchen.
Zugegeben: Sie sind schwer zu finden. Leicht lässt man sich blenden von weiblichen und männlichen Goliaths.

Aber einzuklagen haben wir integre Politiker.
Vielleicht ist bei uns die Zeit noch nicht reif für David. Vielleicht haben wir nur die Wahl zwischen verschiedenen Übeln. Dann wählen wir hoffentlich das Kleinere.

Vergessen wir nur nicht: Gesiegt hat letztlich nur David. Da ist die Bibel – wie immer – ganz klar und tröstlich.

AMEN

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